
Doppelte Wesentlichkeit: die doppelte Wesentlichkeitsanalyse erklärt
So unterstützt die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse nachhaltige Unternehmensziele. Alles, was Sie zur doppelten Wesentlichkeit wissen müssen.
Aus Gründen der Lesbarkeit wird in diesem Text überwiegend das generische Maskulinum verwendet. Es sind jedoch stets alle Geschlechter gemeint.
Nachhaltigkeit ist schon lange kein Trendwort mehr, sondern vielmehr eine ganzheitliche Verantwortungsübernahme: gesellschaftlich, ökologisch und ökonomisch. Konsumenten fordern Nachhaltigkeit zunehmend ein, was Unternehmen unter Druck setzt, eine glaubwürdige CSR-Strategie zu entwickeln – klar, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, doch der gestaltet sich häufig steiniger als erwartet.
Die ISO 26000, der Leitfaden für gesellschaftliche Verantwortung, ist so etwas wie die Schatzkarte für Unternehmen, die zeigt, wie diese Nachhaltigkeit systematisch in ihre Strategie und Prozesse integrieren können, um den Erwartungen der Konsumenten gerecht zu werden und langfristigen Erfolg zu sichern
450 Experten aus 100 Ländern haben sechs Jahre lang ihre Köpfe zusammengesteckt, um die ISO 26000, den Leitfaden für gesellschaftliche Verantwortung, zu entwickeln.
2010 wurde diese Orientierungshilfe für Unternehmen dann von der Internationalen Organisation für Normung (International Organization for Standardization, ISO) herausgegeben. Ziel der ISO 26000 ist die Förderung verantwortlichen Handelns von Unternehmen – auf freiwilliger Basis.
Sie will Organisationen dabei unterstützen, gesellschaftliche Verantwortung in ihre Strukturen, Prozesse und Entscheidungen zu integrieren. Dafür bietet sie Leitlinien, die die Erwartungen von Interessengruppen berücksichtigen und gleichzeitig einen positiven Beitrag zu Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft leisten sollen.
Seit nunmehr 15 Jahren dient die ISO 26000 als Tool, um gesellschaftliche Verantwortung strukturiert und glaubwürdig umzusetzen – zum Beispiel in Form einer CSR-Strategie.
Corporate Social Responsibility beschreibt die Rolle nachhaltiger Verantwortung im Unternehmen. Ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit wird der gleiche Wert beigemessen und alle drei Elemente sollen für eine gesunde Unternehmensentwicklung und -ausrichtung berücksichtigt werden. (Unseren Artikel zur Corporate Social Responsibility finden Sie hier)
Neben sozialem Engagement und umfassender Nachhaltigkeit bietet die ISO 26000 eine Reihe weiterer vorteilhafter Ansätze für Unternehmen. Was diese von der Umsetzung der Leitlinie erwarten können: Die Norm gibt Unternehmen eine Idee des eigenen Fortschritts hinsichtlich ihrer CSR-Strategie und ermöglicht den Vergleich mit anderen Betrieben.
Die Einschätzung basiert auf den sieben Kernthemen der ISO 26000 (mehr dazu an späterer Stelle). Unternehmen können mit ihrer Hilfe Verbesserungspotenziale identifizieren und ihre eigenen Stärken ausmachen.
Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass die ISO 26000 ausdrücklich nicht zertifizierbar ist: Diese Internationale Norm dient dem Anwender zur Orientierung. Für Zertifizierungszwecke ganzheitlich, global, freiwillig ist sie weder vorgesehen noch geeignet. Eine Zertifizierung, die alle Aspekte der Norm abdeckt, würde klar definierte, überprüfbare und vergleichbare Kriterien erfordern – dies leistet der Leitfaden nicht. Sie ist ausschließlich auf freiwilliger Basis anzuwenden.
Wenn die Norm nicht zertifizierbar ist, stellt sich natürlich die Frage nach der Überprüfung.
Um die eigenen Fortschritte zu messen, gibt es verschiedene Ansätze. Einige Unternehmen integrieren die Leitlinien direkt in ihr CSR- oder ESG-Reporting, andere führen Selbstbewertungen in Form von Audits, Bewertungsbögen oder Checklisten durch. Auch externe Berater können helfen, die Einhaltung der ISO 26000 zu überprüfen (Greenly berät Sie gern) – dies kann zum Beispiel in Form von Bewertungen, Lebenszyklus- oder Gap-Analysen erfolgen.
Zu den Stakeholdern gehören alle Interessengruppen eines Unternehmens, wie zum Beispiel: Kunden, Investoren, Mitarbeiter, lokale Gemeinschaften oder Lieferanten.
Auch Benchmarking, also der Vergleich mit anderen Unternehmen des Sektors, kann eine Möglichkeit der eigenen Überprüfung sein. Für jede Form der Bewertung und Überprüfung ist der wichtigste Anhaltspunkt die Umsetzung der Grundsätze und Kernthemen der ISO 26000.
Die ISO 26000 legt sieben Grundsätze (teilweise auch Prinzipien genannt) fest, an die sich jedes Unternehmen als Basis und Voraussetzung für eine glaubwürdige Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Verantwortung halten sollte (Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung bietet hilfreiche Ansätze BMAS, 2011).
Diese sieben Grundsätze sind:
1. Rechenschaftspflicht
Eine Organisation sollte für die Auswirkungen ihrer Entscheidungen und Aktivitäten auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt die Verantwortung übernehmen und nachweisbar Rechenschaft ablegen.
2. Transparenz
Eine Organisation sollte insbesondere dann transparent agieren, wenn ihre Entscheidungen und Aktivitäten einen Einfluss auf Gesellschaft oder Umwelt haben. Das umfasst eine glaubwürdige, offene, verständliche Kommunikation und Berichterstattung über Zweck, Art und Standorte der Aktivitäten einer Organisation.
3. Ethisches Verhalten
Das Handeln einer Organisation sollte auf den Werten der Ehrlichkeit, der Gerechtigkeit und der Rechtschaffenheit beruhen.
4. Achtung der Interessen von Anspruchsgruppen
Eine Organisation sollte ihre (betroffenen) Anspruchsgruppen kennen und deren Interessen respektieren und berücksichtigen.
5. Achtung der Rechtsstaatlichkeit
Eine Organisation sollte Recht und Gesetz unbedingt achten und einhalten.
6. Achtung internationaler Verhaltensstandards
Eine Organisation sollte in Übereinstimmung mit internationalen Verhaltensstandards handeln. Darunter sind das Völkergewohnheitsrecht, allgemein anerkannte internationale Rechtsgrundsätze oder zwischenstaatliche Abkommen, Verträge und Konventionen zu verstehen. Beispiele sind die UN Menschenrechtskonvention oder die internationalen Arbeitsstandards der ILO. Diese Verhaltensstandards sollten als Orientierung in Situationen dienen, in denen die Organisation, z. B. bei internationalen Aktivitäten, keine angemessenen nationalen Umwelt- und Sozialstandards vorfindet.
7. Achtung der Menschenrechte
Eine Organisation sollte die grundlegenden Menschenrechte, deren Bedeutung und Allgemeingültigkeit anerkennen. Dies sollte unabhängig vom Standort, dem kulturellen Hintergrund oder spezifischen Situationen geschehen.
Die ISO 26000 legt außerdem sieben Kernthemen und entsprechende Handlungsfelder mit Handlungserwartungen fest, die die Grundlage für eine ganzheitliche Betrachtung und nachhaltige Integration von sozialen, ökologischen und ökonomischen Aspekten in die Geschäftspraktiken bilden sollen.
Organisationsführung: Die Organisationsführung ist das zentrale Kernthema, um das alle anderen aufgebaut werden. Von einer guten Organisationsführung geht die Erfüllung von Maßnahmen und der Grundsätze aus. Es soll eine verantwortungsvolle Organisationskultur entstehen, die die genannten Grundsätze verinnerlicht und in den Kernthemen umsetzt.
Menschenrechte: Die Achtung der Menschenrechte ist die Grundlage für alle Maßnahmen und Aktivitäten. Jede Organisation sollte für die Achtung der Menschenrechte Sorge tragen und dort, wo es ihr möglich ist, auch Maßnahmen zur Förderung und zum Schutz dieser Rechte ergreifen.
Arbeitspraktiken: Die Arbeitspraktiken von Organisationen haben einen großen Einfluss auf die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und das in einer Gesellschaft herrschende Gerechtigkeitsgefühl. Gesellschaftlich verantwortliche Arbeitspraktiken werden als unverzichtbar für soziale Gerechtigkeit, Stabilität und Frieden erachtet.
Umwelt: Organisationen sollten sich bei ihren Aktivitäten der eigenen Verantwortung für die Umwelt bewusst werden, Umweltauswirkungen sorgfältig identifizieren und den Schutz der Umwelt in ihren Entscheidungen angemessen reflektieren. Grundsätzlich sollten deshalb Organisationen die Umweltauswirkungen reduzieren, abschwächen oder vermeiden, den Verbrauch natürlicher Ressourcen/pro Kopf nachhaltig gestalten und ökologische Grenzen erkennen und einhalten.
Faire Betriebs- und Geschäftspraktiken: Im Kontext gesellschaftlicher Verantwortung beziehen sich faire Betriebs- und Geschäftspraktiken darauf, wie eine Organisation ihre Beziehung zu anderen Organisationen gestaltet, z. B. durch vorbildliches Verhalten in ihrem Einflussbereich.
Konsumentenanliegen: Organisationen, die Dienste oder Waren anbieten oder verkaufen, haben dafür die Verantwortung gegenüber dem Abnehmer oder Nutzer. Dazu gehören das Vermitteln korrekter Informationen sowie über die Nutzung und etwaige Risiken aufzuklären. Ebenso sollten Organisationen einen nachhaltigen Konsum fördern.
Einbindung und Entwicklung der Gemeinschaft: Eine Organisation sollte die Gemeinschaft in ihre Aktivitäten einbeziehen, damit sie einen positiven Beitrag zu deren Entwicklung leisten kann. Sowohl die Einbindung als auch die Entwicklung der Gemeinschaft sind integraler Bestandteil nachhaltiger Entwicklung.
Die ISO 26000 versteht sich als Leitlinie für alle Arten von Organisationen, unabhängig von ihrer Größe oder ihrem Standort. Sie ist also universell anwendbar, unabhängig von Tätigkeitsfeld, Größe, Eigentümerstruktur, gesellschaftlichem Kontext, der Kultur oder dem religiösen Hintergrund. Diese Universalität unterscheidet die DIN ISO 26000 beispielsweise von den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen oder der dreigliedrigen Erklärung der ILO zu multinationalen Unternehmen, die sich gezielt nur auf Organisationen der Wirtschaft beziehen (Vgl. Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung bietet hilfreiche Ansätze BMAS, 2011)
Viele Unternehmen nutzen die ISO 26000 als Orientierungshilfe, wie bereits beschrieben, um ein konformes ESG- oder CSR-Reporting zu gewährleisten.
Großen Unternehmen ist die Norm eine Hilfe bei der noch jungen CSRD-Nachhaltigkeitsberichterstattung, aber auch immer mehr kleinere Unternehmen, die (noch) keiner Verordnung und noch keinem Gesetz der Nachhaltigkeitsberichterstattung unterliegen, interessieren sich vermehrt für die Integration einer entsprechenden Strategie.
Dies ist auf der einen Seite eine gute Möglichkeit, Stakeholder, Investoren und Kunden von der eigenen Zukunfts- und Innovationsfähigkeit zu überzeugen – und auf der anderen Seite ist es sehr gut möglich, dass Nachhaltigkeitsberichterstattung und die damit einhergehende verpflichtende gesellschaftliche Verantwortung, früher oder später auch kleinere Unternehmen betreffen wird.
Die ISO selbst gibt Anhaltspunkte der Umsetzung, diese sind:
Darüber hinaus gilt, was meistens bei Nachhaltigkeitsthemen in Unternehmen gilt: Zusammen sind wir stark.
Alle Mitarbeiter und auch wichtige Interessengruppen sollten in den Prozess der Strategieentwicklung mit einbezogen werden. Gemeinsam sollten klare Ziele festgelegt werden und Strategien, diese zu erreichen.
Auch ist wichtig festzulegen, wie Fortschritte gemessen werden und diese regelmäßig zu überprüfen. Zu guter Letzt sollte die entwickelte Nachhaltigkeitsstrategie sich ändernden Gegebenheiten fortlaufend angepasst werden.
Die ISO, Internationale Organisation für Normung, stellt den Anspruch, praktische Lösungen für reale Herausforderungen zu entwickeln. Mit Experten aus aller Welt einigt sie sich auf Best Practices, die sie in Leitfäden, Standards, Normen und Handbüchern zu verschiedensten Themen herausgibt. Die Themen reichen von Nachhaltigkeit und Innovation über Technologie, Management, Produktion, Dienstleistungen und Sicherheit. Seit 1946 hat die ISO über 25.700 internationale Normen veröffentlicht.
Die ISO hat eine ganze Reihe weiterer Normen, darunter auch zertifizierbare, zum Thema Nachhaltigkeit auf Basis der ESG-Kriterien herausgegeben, dazu gehören:
*Mehr zum Thema ISO 14064 – vor allem im Zusammenhang mit dem GHG Protocol, können Sie in unserem Artikel erfahren: https:/greenly.earth/de-de/ghgprotocol
Die ISO 26000 ist zweifelsohne sehr wertvoll für ein Unternehmen – jedoch ist ihre Implementierung komplex.
Greenly unterstützt Sie bei der Umsetzung mit präziser CO₂-Bilanzierung, maßgeschneiderten Actionplänen und modernsten Technologien. Wir helfen Ihnen, die Emissionen aller Scopes zu analysieren, Reduktionsziele zu setzen und so Kosten zu sparen. Wir dekarbonisieren mit Ihnen Ihre Lieferkette, führen Lebenszyklusanalysen durch und unterstützen Sie bei CSRD, SBTi, CBAM und vielen anderen rechtlichen Vorgaben.
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https://www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/Broschueren/a395-csr-din-26000.html
https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/a395-csr-din-26000.pdf?__blob=publicationFile&v=2
https://www.iso.org/files/live/sites/isoorg/files/store/fr/PUB100258_fr.pdf
https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/csr_iso26000_broschuere_bf.pdf
https://www.iso.org/sectors/environment
https://atrautmann.de/ratgeber/iso-26000/